Initiative Junger Diskurs

Vision und Projektidee

Konstruktive Diskussionen und die Teilhabe aller an Entscheidungen sind Basis der Demokratie. Ein vorausgegangenes Pilotprojekt mit Workshops zum demokratischen Diskurs an Schulen hat diesbezüglich großen Frust Jugendlicher offenbart: In Medien und Politik finden sich viele kaum wieder, was schon früh Desinteresse und Politikverdrossenheit auslöst.1 Gerade in den vergangenen Jahren hat sich am Erstarken demokratiefeindlicher Strömungen gezeigt, wie erschreckend gut sich politische Frustration populistisch instrumentalisieren lässt. Dies beklagen gerade in Ostdeutschland viele Lehrkräfte. Politische Bildung zu vermitteln, ist eine zunehmend komplexere Aufgabe, bei der Schulen die Unterstützung der Zivilgesellschaft brauchen.

Um die Demokratie der Zukunft zu stärken und Jugendlichen die Chance zu geben, sich konstruktiv mit frischen Ideen an großen Problemlösungen zu beteiligen, braucht es neue Formate, die die Generationen in konstruktiven Austausch miteinander bringen. Deshalb bauen wir, die Gesellschaft für Gemeinsinn e.V., zusammen mit unserem Kooperationspartner, dem jungen Politikmedium Buzzard, in Berlin das „Forum für jungen Diskurs” auf.

Ein Jahr lang erarbeiten ca. 20 Lehrkräfte und 150 Jugendliche aus acht Pilotschulen in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Berlin mithilfe von speziellem Arbeitsmaterial Lösungsansätze zum Spannungsfeld „Chancengleichheit”. Diese diskutieren die Jugendlichen schließlich beim „Forum für jungen Diskurs”, einer großen Veranstaltung in Berlin, mit Entscheidungsträger*innen der Gesellschaft. Bei der Veranstaltung kooperieren Wissenschaft, Wirtschaft, Medien, der dritte Sektor, und die Politik, um eine breite Streuung junger Impulse zu ermöglichen. So soll das „Forum für jungen Diskurs” zum Think Tank zwischen Menschen aus ganz unterschiedlichen sozialen Hintergründen und Altersgruppen werden, zum Format für die gemeinsame, zukunftsorientierte Lösungssuche einer heterogenen Gesellschaft.

Junge Menschen müssen bereits frühzeitig positive Erfahrungen von Wirkmächtigkeit bei der Teilnahme am demokratischen Diskurs erleben – und feststellen: Meine Stimme hat Gewicht, ich kann etwas verändern.

Interaktives Beteiligungsformat

Die “Initiative Junger Diskurs” hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, ein spannendes interaktives Beteiligungsformat ins Leben zu rufen und dieses geschickt mit Ausbildungsroutinen im Schulalltag zu verbinden, die ab Klassenstufe 8 deutschlandweit eingesetzt und angewandt werden können.

Das Beteiligungsformat firmiert unter dem Namen “Forum für jungen Diskurs”. Es soll einmal jährlich zum Ende des Schuljahres stattfinden. Hierzu werden Abordnungen aus teilnehmenden Schulklassen aus den acht Pilotschulen eingeladen.

Im Stuhlkreis diskutieren

Während des Schuljahres diskutieren die Schüler*innen der teilnehmenden acht Pilotschulen über ihre wichtigsten Anliegen und mögliche Lösungsideen für gesellschaftliche Herausforderungen rund um den Komplex Chancengleichheit. Über das Jahr hinweg werden die Jugendlichen so zu Expert*innen, die sich auf der Basis von Wissen mit Entscheider*innen auf Augenhöhe über eigene Sichtweisen austauschen können. Dabei kann es um auch ganz konkrete Fragestellungen gehen, welche die teilnehmenden Erwachsenen aus ihrer Arbeitspraxis ins Forum einbringen. Kooperationen sind dementsprechend vom Erkenntnisinteresse getragen, junge Menschen besser verstehen zu wollen. Die beteiligten Entscheidungsträger*innen aus ganz unterschiedlichen Arbeitsfeldern, eint der Wunsch, zukunftsorientierter, nachhaltiger und unter Einbezug der Gesellschaft von morgen zu handeln.

Für Jugendliche fungiert das Forum für jungen Diskurs als Anreiz für Jugendliche, um sich politisch zu informieren, sich eine Meinung zu bilden und in der Lage zu sein, konstruktiv und faktenorientiert mit Schüler*innen anderer Schulen, Regionen und Jahrgangsstufen zu diskutieren. Das Forum möchten wir gerne langfristig im Schulsystem verankern.


Projektziele

Wirkmächtigkeit erhöhen

Mit dem Forum für jungen Diskurs wollen wir der Stimme von Jugendlichen in der Gesellschaft endlich mehr Gehör verschaffen. Das Forum für jungen Diskurs hat das Ziel, jungen Menschen positive Erfahrungen von Wirkmächtigkeit in unserer Demokratie zu ermöglichen, sodass diese feststellen: Meine Sicht wird wahrgenommen, ich kann etwas verändern. Die teilnehmenden Jugendlichen kommen aus unterschiedlichen Schultypen, sie alle werden in den Entstehungsprozess des Forums für jungen Diskurs eingebunden.

Es ist unser Ziel, neue, problemorientierte Ansätze zur politischen Bildung und zum Aufbau von Informationskompetenz im Schulunterricht zu implementieren. Als auf Diskurs spezialisiertes Medium stellt Buzzard Material zur Verfügung, mit dem sich Schulklassen an den Pilotschulen ein Jahr lang intensiv mit dem gesellschaftlichen Spaltungsthema Ungleichheit auseinandersetzen.

Projektablauf

In der Initial- und Entwicklungsphase wird der finale Kreis an Pilotschulen bestimmt und wir machen das Projekt in den teilnehmenden Institutionen bekannt. Das Projektteam tauscht sich bei Werkstattbesuchen intensiv mit Jugendlichen zum Jahresthema aus, um deren Interessen und Bedürfnisse einbeziehen zu können. Mit der Fokusgruppe aus Lehrkräften gibt es Feedbackgespräche zum entwickelten Lehrmaterial, mit dem am Jahresthema gearbeitet wird. Parallel entsteht ein Netzwerk aus Kooperationspartnern, die inhaltlich einzelne Programmkomponenten des Forums für jungen Diskurs mitgestalten.

Die Implementations- und Präsentationsphase ist von der Veranstaltungsvorbereitung und der konkreten Programmplanung mit Kooperationspartnern geprägt. Wir konzipieren, organisieren und koordinieren dazu ein Tagesprogramm, bei dem Jugendliche sich dem Jahresthema in Workshopformaten unterschiedlicher gewonnener Partnerorganisationen aus vielen Blickwinkeln widmen.

Das Projektteam baut Medienpartnerschaften auf, recherchiert und kontaktiert Entscheidungsträger*innen, mit denen sich die Jugendlichen austauschen, bereitet die begleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vor und geht auf Multiplikatoren und Think Tanks zum Thema zu. Schließlich findet das Forum für jungen Diskurs zum ersten Mal statt. Bei der anschließenden Evaluation reflektieren wir das Konzept und überlegen, wie das Format optimiert und verstetigt werden kann.

Bisherige Pilotschulen

- Berlin: Campus Rütli, Schule am Berlinickeplatz, Schule an der Jungfernheide
- Sachsen-Anhalt: Sekundarschule Würdetal in Teutschenthal

Initialphase

REcherche und Konzeption

In der Initialphase im Sommer 2023 verankert unser Projektpartner Buzzard das Projekt mit voller Energie und Begeisterung an den teilnehmenden Schulen. Wir präsentieren das Projekt und tauschen uns intensiv mit den engagierten Lehrkräften aus, um mögliche Verknüpfungen mit Unterrichtsthemen und internen Schulprojekten zu erörtern. Das ist für das Forum für jungen Diskurs besonders wichtig: Denn durch die gezielte Vorbereitung im Unterricht über einen längeren Zeitraum erhalten Schülerinnen und Schüler zahlreiche inspirierende Impulse, um sich mit dem Thema Armut/Reichtum eingehend auseinanderzusetzen.

The Buzzard - Schulteam

Gleichzeitig befindet sich die inhaltliche Ausarbeitung des Projektes in vollem Gange, sprühend vor Tatendrang und Kreativität: In einer intensiven Recherchephase haben wir zunächst die essenziellen Aspekte für das Forum herausgefiltert und gebündelt. Dabei haben wir auch ein Partizipationsgespräch mit den Schülerinnen und Schülern des Campus Rütli geführt, um ihre jungen Interessen und Perspektiven in den Entwicklungsprozess einzubeziehen. Es kristallisierten sich Schwerpunkte heraus, wie zum Beispiel „Die Entstehung von Armut/Reichtum“ und „Unsere Gesellschaft im Umgang mit Ungleichheit“.

Zudem arbeiten wir an der Konzeption und Gestaltung der Materialien, die speziell auf Schulen und den Schwerpunkt Armut/Reichtum zugeschnitten sind. Zusätzlich streuen wir das Projekt in verschiedenen Netzwerken, um einen breiten Bekanntheitsgrad zu erlangen. Das Interesse, das uns entgegengebracht wird, ist enorm, da das Projekt Jugendlichen eine einzigartige Chance bietet. Insbesondere jenen Jugendlichen, die oft mit negativen Fremdzuschreibungen konfrontiert sind, ermöglichen wir, Privilegien und Ungleichheiten auf eine befähigende Art und Weise zu reflektieren.


Vorbereitende Diskussionen - September 2023 bis März 2024

Zusammenarbeit mit Schulen

Wir sind seit dem 3. Quartal 2023 in intensivem Kontakt mit allen beteiligten Schulen und Kooperationspartner:innen für das Eventprogramm. Nach einer ersten Projektvorstellung in den Pilotschulen hat überall eine Fachbesprechung im Bereich Gesellschaftswissenschaften stattgefunden. Die nun festgelegten verantwortlichen Lehrkräfte haben dabei das Kollegium gezielt über das Angebot informiert. So haben gerade die Lehrkräfte an den Schulen das Projekt kennengelernt, für deren Unterricht es besonders hohe Relevanz hat.

Das Vorhaben stößt bislang an den Pilotschulen auf große Begeisterung. Gerade zum Problem Armut haben viele Schülerinnen und Schüler auch persönliche Bezüge, die Relevanz des Projektes wird daher als sehr hoch eingeschätzt. Die am Forum beteiligten Klassen nutzen während des Projekts die Buzzard-Lernapp, um sich mit Nachrichten und dem Thema Ungleichheit auseinanderzusetzen. Darüber hinaus werden konstruktive politische Diskussionen das Schuljahr über eine besondere Rolle in Unterrichtsstunden spielen, denn neben den betreuenden Lehrkräften arbeiten weitere Klassen mit dem Input des Projektteams.

Zum Start ins neue Schuljahr haben die Schulen ein Onboarding-Paket erhalten. Damit lieferten wir Lehrkräften Themenanregungen zum Schwerpunkt aus der Lernapp und auch bewährte Arbeitsroutinen für Klassendiskussionen zu. Weiteres Arbeitsmaterial für das Schuljahr ist entstanden. Damit werden sich die Klassen dann gezielt aufs Forum vorbereiten.

  • Zahlreiche Gespräche mit Lehrkräften, Besuche in der Schule an der Jungfernheide und im Campus Rütli, Recherchen und der Austausch mit erfahrenen Sozialarbeiter:innen aus dem Projektumfeld sensibilisierten das Team für das mitunter emotional aufgeladene Thema Ungleichheit.

  • Schule am Berlinickeplatz: Aufgrund zahlreicher schulinterner Verpflichtungen war für die beteiligte Klasse im vierten Quartal wenig Gelegenheit, spezifisch ins Thema Armut/Reichtum einzusteigen. Dies ist – pädagogisch sinnvoll – nun für den Jahresbeginn und die direkte Vorbereitung auf die Veranstaltung eingeplant. Mitte Februar wird dort auch der Werkstatt-Workshop stattfinden.

Die Erkenntnisse dieser Auseinandersetzung flossen in die Entwicklung des partizipativen Werkstatt- Workshops für Jugendliche. In dem neuen Format, das seine Premiere im Dezember am Campus Rütli hatte, äußerten die Jugendlichen für sie spannende Arbeitsfragen und Wünsche für die Veranstaltung. Sie stellten Kommunikationsregeln für einen konstruktiven Austausch der superdiversen Veranstaltungsgäste auf.

Es hat sich gezeigt, dass sich das Projekt sehr gut an Lehrplaninhalte unterschiedlicher Fächer anknüpfen lässt, etwa an die Literatur des Vormärz und Büchners Woyzeck in Deutsch oder Problemstudien im Politikunterricht. So entsteht besondere Nachhaltigkeit, denn vielfältige Rückbezüge auf die Projektarbeit sind möglich.

Öffentlichkeitsarbeit und Redaktion

Die Redaktion unseres Kooperationspartners Buzzard legt aktuell einen Schwerpunkt auf die Berichterstattung zum Thema Ungleichheit. Dazu wird Redaktions- und Projektarbeit verschränkt, es werden verstärkt Diskurse rund um Chancengleichheit abgebildet. So ist das Medium ganz nah dran an den Projektinhalten, Schülerinnen und Schüler werden angeregt, sich mit unterschiedlichen aktuellen Aspekten von Ungleichheit auseinanderzusetzen.

Es haben Gespräche mit weiteren Menschen in Schlüsselpositionen stattgefunden. Sehr interessiert an einer Teilnahme als Experte sind: Chiponda Chimbelu aus der erweiterten Chefredaktion der Deutschen Welle, Friedemann Vorrath von der Karuna eG (Projekte für sozial benachteiligte Jugendliche), Fernsehmoderator Tim Niedernolte und Clemens Paul Grätsch von der Future Skills Alliance (Bildungswende).

Parallel ist die Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit angelaufen. So wurde das Projekt beim Netzwerktreffen Gute Kräfte Berlin (Stärkung der Zivilgesellschaft) sowie den Neuen deutschen Medienmacher*innen vorgestellt (mehr Diversität im Journalismus). Bis zum Veranstaltungstag am 13.3. wird Außenkommunikation ein Schwerpunkt sein.

Die Öffentlichkeitsarbeit nimmt eine wichtige Rolle ein, denn Ziel ist, für junge Perspektiven eine größtmögliche Reichweite herzustellen. So hat das Projektteam für die Öffentlichkeitsarbeit neben klassischer Pressearbeit auch eine Instagram-Kampagne geplant, bei der u.a. junge Stimmen einbezogen werden.

Präsenzveranstaltung

Als Partner wird die Initiative Denk mal Werte mit dabei sein und auf dem Forum mit Jugendlichen der Frage nachgehen, auf welcher Wertebasis eine Gesellschaft mit vielen Ungleichheiten stehen sollte: Wie finden wir gemeinsame Nenner trotz anderer Lebensrealitäten? Das Team des Social Impact Award wird sich dem Aspekt Wirtschaft widmen: Führt Kapitalismus immer zu Ungleichheit? Wie kann man sozialverträglich wirtschaften? Das Forum wird inspiriert sein vom Konzept Demokratiecafé, einem Format, das zur direkten Beteiligung von Bürger:innen entwickelt wurde.

Weitere Programmpartnerschaften sind im Entstehen: Teach First/Verfassungsschüler (Aspekt: junge Demokratiebeteiligung), EPIZ (Aspekt: globale Ungleichheit), Bildungsteam Berlin-Brandenburg (Aspekte: Gerechtigkeit/Privilegien), Bonn Institute (Aspekt: Berichterstattung über Ungleichheit).

Als Veranstaltungsort ist der Hangar 1 im Tempelhofer Flughafen eingeplant, eine Plattform für zivilgesellschaftliches Engagement auf dem ehemaligen Camp für Geflüchtete.

Der Flughafen Tempelhof ist nicht nur durch seine historische Bedeutung, sondern auch durch seine gegenwärtige Nutzung der ideale Standort für ein Format, das unterschiedlichste Menschen zusammenbringt. Nach fortlaufenden Gesprächen mit der Initiative Hangar 1, die den gleichnamigen Teil des Flughafens bespielt, soll das Forum am neuen Standort Hangar 4 stattfinden. Dies war zwischenzeitlich aufgrund der Unterbringung von Geflüchteten länger in der Schwebe.


So geht es weiter

  • Team-Kickoff für Kooperationen, fortlaufende konkrete Programmplanung

  • Konzeption eines vertiefenden Workshops für den Veranstaltungstag pro Themenschwerpunkt

  • Entwicklung eines Formates für den Austausch aller mit allen (Finale des Forums)

  • Partizipative Werkstatt-Workshops an allen Schulen

  • Aufbau der Öffentlichkeitsarbeit

  • Einladung von Expert:innen und weiterer Gäste

  • Organisation und Umsetzung der Veranstaltung am 13.3.2024 im Austausch mit allen Beteiligten

  • Dokumentation und Evaluation

Arbeitsblatt Wirtschaftspolitik

The Buzzard - Arbeitsblatt Ungleichheit